Sakrament der Krankensalbung
Ist einer von euch bedrückt? Dann soll er beten. Ist einer fröhlich? Dann soll er ein Loblied singen. Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben... wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben. Jak 5, 13-15
Pieta in St. Andreas, KölnLinderndes Öl als Zeichen der Krankensalbung
Gottlob gibt es seit der nachkonziliaren Reform des Krankensa-kramentes offenbar immer weniger Katholiken, die sich (wie einst üblich) vor diesem Sakrament fürchten. Die alte schreckhafte Idee von der „Letzten“ Ölung, die man empfängt, wenn alles „am letzten“ ist, war falsch. Die Krankensalbung ist das tröstliche Sakrament, das der Herr für die Schwerkranken eingesetzt hat und in dem er ihnen nahe sein will in der Krise, die ernste Krankheit für jeden, auch den frömmsten Menschen bedeutet. Das wichtigste Wort, das bei der Spendung zu hören ist, steht so schon in der Bibel, dort, wo im Jakobusbrief (5, 14-15) zum ersten Mal von unserem Sakrament die Rede ist. Es lautet: „...der Herr wird ihn (den Kranken-dich) aufrichten.“ Ob der Herr so aufrichtet, dass die Kranken in ihr tägliches Leben zurückkehren können, das steht bei ihm; aber innerlich aufrichten, stärken, trösten wird der Herr sie in jedem Fall.
Warum wird dieses Sakrament seit biblischen Zeiten im Zeichen des Öles gespendet? Öl auf den kranken Körper auftragen, das heißt in der alten und in unserer Welt soviel wie Linderung schaffen. Was machen wir, wenn wir uns verbrannt haben? Wir tragen Salbe auf die schmerzende Stelle auf, eine von den vielen Salben der modernen Apotheken, in denen die Grundsubstanz immer noch Öl ist: und auf einmal brennt es nicht mehr so auf der Haut; die Salbe hat den Schmerz gedämpft; wir atmen auf.
Das ist der Sinn der Krankensalbung: nicht Vorbereitung auf den Tod (dazu wäre das Öl ein schlechtes Zeichen), sondern Linderung der Schmerzen. Im Dankgebet über das Krankenöl, das nach der neuen Ordnung zu jeder Krankensalbung gehört, betet der Priester:
„Herr, schenke deinem Diener (deiner Dienerin), der (die) mit diesem heiligen Öl in der Kraft des Glaubens gesalbt wird, Linderung seiner (ihrer) Schmerzen und stärke ihn (sie) in seiner (ihrer) Schwäche.“
Aber schon der Bischof hat diesem Öl, als er es in der Mutterkirche des Bistums am Gründonnerstag (oder einige Tage vorher) geweiht hat, die Kraft erfleht, Schmerzen wegzunehmen. Natürlich ist es nicht das Öl, es ist Christus, der im Zeichen des Öles Linderung gewährt in der Kraft seines Geistes, so dass der Kranke auf atmen kann.
Kreuz zur Festzeit in St. Anfreas, Köln
Und ein zweites ist wichtig: Die Bezeichnung der Stirn und der Hände mit dem heiligen Öl geschieht seit eh und je in der Form des Kreuzes. Das ist uns so geläufig geworden, dass wir uns nicht mehr viel dabei denken. Und doch wird hier etwas Grundlegendes ausgesagt. Alle Sakramente, auch dieses, kommen vom Kreuze Christi. Die Kraft des Geistes ist gleichsam ausgeströmt und strömt noch immer aus vom erlösenden Leiden des Herrn, aus der für uns geöffneten Herzwunde des Erlösers. Diese Kraft erfasst uns in den Sakramenten. In diesem Sakrament ist es die Kraft, die ein Christenmensch braucht, wenn sein Weg durch das Dunkel des Leidens führt. Was wir sonst nach der heiligen Kommunion gern beten, das kann ein Kranker nach dem Empfang der Krankensalbung gewissermaßen mit doppeltem Recht zu Christus sagen: „Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir“ (Ps 23,4).
Aus: Balthasar Fischer "Von der Schale zum Kern", Benziger/Herder, 1979